Freitag, 11. Dezember 2015

2. Etappe: Öckerö - Varberg

 Es war kurz nach 8 Uhr, als wir die Leinen loswarfen und der Vire 12 uns laut knatternd aus dem schönen Hafen schob. Man, war der Krach peinlich! Aber wir taten so, als wenn der ohrenbetäubende Lärm nichts Ungewöhnliches sei. Um so dankbarer war ich, als die Segel unseren Vortrieb übernahmen. Klaus ging es wahrscheinlich ebenso, aber wir haben nicht drüber gesprochen. Auffallend war, dass der Motor diesmal nicht wegen Spritmangel abstarb. 
Es war stark bewölkt, 4 Bft aus SO, später 5, in Schauern Regenböen um 6.
Denn man los! Raus aus den Schären und dann gen Süd-Süd-West, also hoch am Wind. Mal sehen, wie weit wir kommen!?
Als wir in den Danafjord einliefen, fuhr in einiger Entfernung die Stena-Line Fähre von Kiel kommend gerade Richtung Göteborg ostwärts an uns vorbei. Gestern um diese Zeit standen wir oben an Deck der Fähre und beobachteten ein Segelboot, welches ebenso wie wir heute auf Südkurs die Schären verließ. Ein Déjà-vu sozusagen!? 
Der Wind frischte auf und mit Dem bekam das Boot richtig fiel Lage. Als Jollensegler kommt jetzt reflektorisch der Gewichtstrimm auf der Sülkante und die Bereitschaft, bei noch mehr Lage die Schot zu fieren. Ich orientierete mich aber an Klaus, der sich ob der Kränkung scheinbar keine Sorgen machte. Ich bemerkte, dass es sich auch irgendwie anders anfühlte. Dies war ja auch der Grund, warum ich eigentlich ein Kielboot haben wollte. Genau wegen dieser Gelassenheit bei mind 30 Grad Schräglage. Mittlerweile standen wir auf der gegenüberliegenden Plichtwand, da Klaus es scheinbar wissen wollte. Dies war der Zeitpunkt, Klaus den Namen "Klaus Lage" zu geben. 😏
Wir merkten aber schnell, dass es Zeit wurde zu reffen. Ich rollte die Genua bis zur 1. Markierung ein. Im Groß waren 2 Reffreihen eingearbeitet, jedoch keine Reffleinen in die Kauschen geknotet. Im Nachhinein betrachtet hätten wir in das Groß trotzdem das 1. Reff binden sollen, wurde doch das Boot bei einfallenden Böen stark luvgierig. Wir haben es nicht gemacht. Wir sind trotzdem angekommen. So what!
Zwischendurch wurde das Wetter wieder richtig gut.
Um Höhe zu gewinnen und mehr Landabdeckung zu bekommen, folgten wir einer in der schwedischen Karte eingezeichnete Route zwischen 2 Schären hindurch Richtung SO - also gegenan - also mit KnatterVire. Es wurde nicht wirklich ruhiger in den Schären, da sich das Wetter verschlechterte. Die Wolkendecke wurde dichter und der Wind frischte merklich auf. 

https://youtu.be/8Om-QPTOiWI
In der Folgezeit suchten wir Fahrwassertonnen, verglichen Karte mit Handy-Navionics, ließen die skurile einsame Landschaft auf uns wirken, während das Boot unaufhaltsam gegen Wind und Welle anstampfte. Das gefällt mir. So könnte es laufen bis nach Schleswig. Die Zeit verging im Fluge. Nachmittags zog ein Regenband über uns hinweg und hatte noch mehr Wind für uns im Gepäck. Es hatte den Anschein, dass Rasmus verhindern wollte, dass die Comfort Schweden verlassen sollte.

https://youtu.be/IslqupsyGtg
Vor der Bucht von Kungsbacka mussten wir das erste mal auf den Backbordbug, um nicht zu weit von der Küste abzukommen. Die Hälfte der Strecke bis Varberg war geschafft und das Ziel auch schon vage in der Ferne als 2 hohe Bauten zu erkennen. Allerdings musste ich feststellen, dass das Vorluk das über Deck spülende Wasser nicht davon abhalten konnte, weitere Polster in der Kajüte nass zu machen. Nächster Eintrag in der To-Do-Liste: Dichtung für das Vorluk besorgen und einbauen.
Über 4 Stunden später hatten wir die Ansteuerungstonne von Varberg zusammen mit der Stena-Fähre Grenaa-Varberg erreicht und fuhren in ihrem Heckwasser endlich mal wieder auf Backbordbug liegend hinterher. Jetzt hatten wir halben Wind mit Welle von achtern. Was für ein Gefühl! Die langen Wellen hoben das Heck sanft an, beschleunigten das Boot, bevor wir im Wellental wieder abgebremst wurden. Fast wie Surfen mit der Jolle, nur unspektakulär und eher wie wiegen eines Kindes. Das war nach der langen Fahrt hoch am Wind und Hack von vorn eine Wonne. So könnte es morgen weiter gehen. 
Im Sund von Varberg angekommen entschied Klaus, den Stadthafen anzulaufen. Er hatte in einem Reisebericht von Digger-Hamburg mal gelesen, dass dies der bessere Hafen sei. Auf der Backbordseite war ein weiterer Sportboothafen auszumachen, welcher aber heute deutlich mehr Wind abbekam. Also Tuch bergen und Knatter-Vire an. Gott-Sei-Dank fährt Klaus auf Schleichfahrt in den Gästehafen ein. Wir finden eine nicht besetzte Box in der Nähe des Hafenbüros, wo uns ein sichtlich amüsierter Deutscher die Leine abnimmt. Beim festmachen erzählt er, dass er früher auch schon mal einen Vire-Motor hatte, aber er könne sich nicht dran erinnern, dass sein Motor so laut war. Er hat ja keine Ahnung...
  
Das dies unser letzter Schlag sein würde, ahnten wir an diesem Samstag Abend noch nicht.
Nachdem wir das Schiff aufgeklart hatten, entschieden wir, heute Abend nicht zu kochen und stattdessen  in der nahegelegenen Innenstadt essen zu gehen. Die lange Fahrt steckte uns ganz schön in den Knochen. Nach dem Essen und einem damit verbundenen kurzem Spaziergang fielen wir tod in die Kojen. Ich hatte aber die ganze Zeit dieses sanfte Gefühl von Wellen, die von achtern unter das Boot durchrollen. In der Nacht frischte der Wind noch mehr auf. Die hohe Kaimauer, welche zum an-Land-gehen noch  sehr unbequem war, schützte uns vor Diesem.
  
  

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