Sonntag, 27. Dezember 2015

Refit Teil 2: Fenster

Nachdem es mit dem Schalldämpfer recht flott von der Hand ging, ging ich optimistisch an die undichten Fenster. Nachdem ich die Schrauben gelöst hatte, machte ich mich mit einem Abbrechklingenmesser an die Arbeit, den in Öckerö provisorisch aufgetragenen Sikaflex sowie den alten Dichtstoff zu zerschneiden, um die Fenster zerstörungsfrei auszubauen.
Dies erwies sich jedoch als schwieriger, als zunächst vermutet. So scharf, wie Klingenmesser auch sind, wenn man sich in Finger oder andere Körperteile schneidet, so zäh und widerspenstig ist scheinbar Fensterdichtstoff. Immer wieder brachen Klingen ab. Im Fachhandel holte ich mir also ein stärkeres Klingenmesser mit entsprechenden Klingen, nachdem auch extrascharfe Klingen nicht wesentlich besser schnitten. Die extrabreiten und stärkeren Klingen ermöglichten tiefere Schnitte unter die Fenster. Mit schmalen Holzkeilen spreizte ich vorsichtig das schon teilweise gelöste Fenster vom Rumpf, um besser an den Dichtstoff zu kommen. Nach mehreren Stunden Arbeit waren die Fenster abgelöst. Jetzt machte ich einen Fehler, den mir einige Wochen später ein Mitarbeiter der Firma Richter aus Kiel auf der Hanseboot aufzeigte. Ich befreite die Scheiben mit Brennspiritus von anhaftenden Dichtstoff. Dies soll später zum erblinden der Scheiben führen. Es gibt spezielle Reiniger, welche die Scheiben nicht angreifen.😕 Wir werden sehen. 

Den Rumpf schliff ich im Bereich der Fenster anschließend mit 120er Papier ab, um eine saubere  Grundlage für den Aufbau zu bekommen.
Weiter geht's, sobald es wärmer wird.

Samstag, 26. Dezember 2015

Refit 1. Teil: Schalldämpfer

Mein Refit für die Comfort 26 sollte anders aussehen, wie bei Anderen. Ich wollte versuchen, mit möglichst geringem finanziellen Auwand das Boot in einen bestmöglichen Zustand zu verändern.

Als Erstes war der Schalldämpfer dran. Beim Kauf der C26 erhielt ich einen zusätzlichen Motor zum Boot dazu, genauer einen Vire 7, wrlcher ursprünglich im Boot verbaut war. Ob der Motor noch funktionierte, wußte ich nicht, aber an diesem Aggregat war ein Schalldämpfer verbaut. Diesen baute ich kurzerhand ab, besorgte mir beim örtlichen Landmaschienenschlosser einen 90-Grad-Kühlerschlauch-Bogen in der Stärke des Abgasschlauches und verbaute es im Schiff. Hierzu mußte ich zunächst den Abgasschlauch in der Backskiste aus den Verankerungen lösen, welche den Schlauch in einer Schlaufe vor  dem Austritt durch die Bordwand einmal über die Wasserlinie hoch führt, damit im Abgaschlauch bei Lage kein Seewasser in den Motor zurücklaufen kann. 
Ca 20 cm hinter dem Wassersammler trennte ich nun den Abgasschlauch mit der Einhandflex durch und setzte mit Schlauchschellen den 90-Grad-Bogen und Schalldämpfer da zwischen. Fertig!
Vorher:
 

Nachher:

Der anschließende Probelauf im Standgas lief zufriedenstellend. Nachdem sich der Schalldämpfer mit Kühlwasser gefüllt hatte, konnte aus dem Auspuff nur noch ein Tukkern vernommen werden. Auch bei Vollgas blieb das nervende Knattern aus.
Da ich schon dabei war, ließ ich anschließend gleich noch Wasser mit Frostschutz durchlaufen, um den Motor winterfest zu machen.



Mittwoch, 16. Dezember 2015

Trail, not sail

Es war Montag morgen. Ich wachte zuhause auf. Also war ein kein (Alp-)Traum. Also ging es jetzt darum, Plan B umzusetzen.

Nützt ja nichts.

Als erstes kümmerte ich mich um den Trailer. Die Anmeldung machte keine Schwierigkeiten. Als nächstes besorgte ich mir bei einem Freund einen Fiat Ducato Maxi als Zugmaschine, da unser Renault Espace zu wenig Gewicht ziehen durfte. Vielen Dank hier nochmal an Jürgen Mathiesen, Inhaber der Dachdeckerei Sievert & Sohn (sollte er dies jemals lesen), der mir eines seiner Firmenfahrzeuge zur Verfügung stellte. Ich wollte kein Risiko eingehen, da die Dänen dafür bekannt sind, dass sie saftige Strafmandate ausstellen. Des Weiteren bekam ich von Jürgen Spanngurte, um das Boot ordnungsgemäß zu sichern. Zwischendurch erreichte mich die Zusage eines Segelfreundes, der sich bereit erklärte, mitzufahren. Hierrüber freute ich mich sehr, denn solch eine Unternehmung hatte ich zuvor noch nicht gemacht.
Der Wagen wurde mit allem erdenklichen beladen, was wir zum Landtransport benötigen könnten. Neben Werkzeugkiste, Flex, Handkreissäge und Akkuschrauber luden wir auch Bretter in verschiedenen Stärken und Längen ein, Schrauben, Rohrisolierungen zum abpolstern, Teichfolie zum unterlegen, Lagerböcke für den Mast sowie reichlich Zurrgurte und Tape ein.
Dienstag Abend und 18 Uhr starteten wir dann Richtung Schweden. 600 Km lagen vor uns. Die Fahrt verlief ohne nennenswerte Schwierigkeiten und so erreichten wir den Hafen von Varberg am Mittwoch morgen ca. 4 Uhr. Da  es noch zu früh war für's slippen, nutzten wir die Zeit, um ein wenig Schlaf nachzuholen. Gegen 8 Uhr erreichte ich den Hafenmeister telefonisch. Entgegen seiner Zusage vom Vortag könnte er heute nicht kranen, jedoch hätten wir die Möglichkeit, im Sportboothafen auf der anderen Seite des Sunds das Boot aus dem Wasser zu bekommen. Also verholte ich das Boot rüber, während mein Mitstreiter mit dem Gespann 5 Km fahren mußte, um den Hafen außerhalb der Stadt zu erreichen. Dort festgemacht fingen wir alsdann mit dem leerräumen des Bootes an. 
Wir legten den Mast mit einem Mastkran zum handkurbeln und verholten dann direkt vor den bereitstehenden Kran.
Der Kran hob das Boot aus dem Wasser und ich sah das erste mal das Unterwasserschiff meiner C26. Kein Bewuchs, keine Karambolagen. Klasse. Der Kranfahrer setzte das Boot behutsam auf dem Kielbrett ab. Ein kurzer Blick: Ich stellte fest, dass das Boot auf den Trailer passte. Vorne nicht zu dicht am Zugfahrzeug dran, hinten nicht zu weit drüber und die Stützlast war auch ausreichend (geschätzt nach dem Eintauchen des Fahrzeughecks). Also dann, ran an die Stützen. Ich zog eine der vorderen Stützen hoch...
...und die Stützenstange ploppte aus dem Führungsrohr. 😳
Die Stütze war zu kurz. Es klaffte eine Lücke von ca. 20cm zwischen Stützenstange und Führungsrohr. Schei...!!!💩 😩😁😱👿
Auch bei den anderen Stützen zeigte sich das gleiche Bild.

Sofort kamen mir einige mögliche Szenarien vor Augen, wie es jetzt weitergehen könnte. Von: Versenken irgendwo in den Schären; über: Ich hol noch einen Trailer; bis: Dicke Holzklötze zwischen Auflagen und Bordwand stecken fluteten immer mehr Bilder meinem Kopf. Der Kranführer machte seinen Kran aus, stieg herunter und steckte sich erstmal eine Zigarette an. Nach über 15 Jahren wieder anfangen mit dem Rauchen erschien mir plötzlich auch eine sinnvolle Lösung des Problems zu sein. Auch der Hafenmeister kam gelassenen Schrittes aus seinem Büro und beäugte die Malesche. Aus dem angrenzenden Restaurant kam ein älterer untersetzter Mann, der sich als Vorsitzender der Hafengesellschaft vorstellte. Ich dachte: "Jetzt gibt's Ärger". Da er kein Englisch konnte und wir kein schwedisch, übersetzte der Hafenmeister ins Deutsche, was mir vorgeschlagen wurde: Ein Schlosser in Varberg, der ebenfalls Segler und zudem Vorstandsmitglied des Hafens sei, könnte uns bei der Verlängerung der Stützen behilflich sein. Der Mann wurde offensichtlich von einer höheren Macht zu uns geschickt. In meinem Kopf lösten sich spontan meine irrwitzigen Alternativen in Luft auf und wir machten uns mit den ausgebauten Stützen auf den Weg nach Varberg. Zuvor fragte ich den Kranfahrer, ob wir das Boot solange wieder ins Wasser setzen sollten, damit andere Boote in der Zeit slippen könnten. Dies verneinte er erneut mit der Gelassenheit, die er bereits zuvor an den Tag gelegt hatte. Ich mag diese Schweden.
In der Schlosserei angekommen kümmerte sich der Chef sogleich höchstpersönlich um das Problem.
Mit den verlängerten Stützen fuhren wir wieder zurück und bauten sie sogleich ein. Alles passte! Ich konnte es kaum fassen. Erst jetzt wurden mir die Ausmaße des Kielbootes bewußt. Sehr hoch stand das Boot auf dem Trailer. Das ganze Gespann sah jetzt sehr mächtig aus. Plötzlich tippte mich der Hafenmeister auf der Schulter an. Er bat mich, das Gespann auf den Parkplatz zu fahren, damit jetzt noch andere Boote geslippt werden konnten. "Hetz mich nicht" wollte ich spontan als Witz gemeint sagen, wußte aber nicht, ob er es verstehen würde. Bevor wir mit dem verzurren anfingen, legten wir erstmal eine Essenspause im hafeneigenen Restaurant ein. Sehr lecker und preiswert speisten wir in freundlicher typisch skandinavischer Atmosphäre.
Anschließend machten wir das Boot mit Mast ordentlich fest und waren dann ca 17 Uhr marschbereit.

Dann ging es ans bezahlen. Ich befürchtete schon, dass die ultralange Aktion inclusive Schlosserarbeiten ein Vermögen kosten würde, ist Schweden doch bekannt für hohe Preise. Um so erstaunter war ich, als ich für alles zusammen 230€ zahlen sollte.
Der Hafenmeister bat mich, in Deutschland positiv über den Hafen zu berichten, da sie sich sehr über Gastlieger freuen würden. Es würde hier viel geboten incl. eines Wassertaxis, welches Gastlieger bei Bedarf jederzeit zur Stadt rüber fahren würde. Ich bedankte mich herzlich und versprach, bei meinem nächsten Besuch Varbergs gleich den besseren Hafen anzusteuern.

Ca 17 Uhr reisten wir ab. Bereits in der ersten Bodenwelle des schmalen Weges vom Hafen weg dachte ich, ich würde im Rückspiegel Zeuge, wie der Trailer samt Boot umstürzt, da das Boot stark schwankte. Auf den ersten Kilometern hielten wir auch noch mehrmals an, um die Verkehrssicherheit des Gespanns zu prüfen. Um 17:30 Uhr fing es dann an zu regnen und hörte bis zuhause auch nicht mehr auf. Auch der Wind war scheinbar immer noch nicht damit einverstanden, dass die Comfort Schweden verlassen sollte, bließ er doch gleich wieder mit 5-6 Bft. Nur konnte er uns jetzt nichts mehr anhaben. 
Um 3:30 Uhr in der Nacht erreichten wir den Winterstellplatz. 





Samstag, 12. Dezember 2015

Aus der Traum

Am Sonntag morgen war es windiger geworden. Ich ahnte, dass es Probleme geben würde. Windfinder, DMI, DWD, alle waren sich einig: 7-9 Bft bei Anholt. Nur YR.no prognostizierte 6, in Böen 7. Man war versucht, selektiv nur den Norwegern zu glauben. Aber trotzdem: Zuviel für 26 Fuß! Ok, also legen wir einen Hafentag ein. Jedoch auch die weitere Prognose ließ keine Hoffnung zu. Bis Freitag im gesamten Kattegat Starkwind aus Süd-Ost bis Süd, evtl auch Süd-West. 
Klaus und ich berieten, was sinnvoll sei. Weiter die schwedische Küste runter fahren ging nicht mehr bei immer südlicherem Wind und außerdem war er zu stark. Abwarten und beobachten wäre eine Möglichkeit gewesen, aber wie lange? Mir blieben noch 7 arbeitsfreie Tage. Wie weit würden wir noch kommen? Alles unsicher! Klaus überlies mir die Entscheidung. 

Abbruch!!!

Die Entscheidung war rationell getroffen worden. Wenn wir zügig nach Hause kämen, könnte ich im verbleibenden Urlaub das Boot mit dem vorher gekauften Trailer auf dem Landweg holen. 
Also gut. Wir  schauten im Internet nach Zugverbindungen. Ein Zug fuhr stündlich von Göteborg kommend nach Kopenhagen. Auch Sonntags. Von dort ginge es mit nur kurzem Aufenthalt mit dem ICE über Fehmann nach Hamburg. Irgendwo auf der Strecke zwischen Fehmann und Hamburg würde ich mich abholen lassen. So der Plan. Also rasch die Sachen gepackt, das Boot klar gemacht und keine 2 Stunden nach der Entscheidung saßen wir im Zug Richtung Heimat.
Langsam wurde mir die Tragweite meiner Entscheidung bewußt. Und mit jedem Gleiskilometer, den wir uns im Großraumabteil der schwedischen Staatsbahn vom Boot entfernten, wurde ich trauriger. Klaus schien es zu spüren, denn er versuchte garnicht erst ein Gespräch anzufangen. Oder vielleicht war er genauso deprimiert.
Einige Zeit später fuhr der Zug in Sichtweite zur Küste entlang. Die See schien ruhiger zu sein als angekündigt. Hatten wir uns ins Bockshorn jagen lassen? Diese Frage beschäftigte Klaus in der nächsten Zeit noch mehr als mich. Hin und wieder schaute ich auf die aktuellen Wetterdaten der Apps. Hiernach trafen die Prognosen zu. Je südlicher wir jedoch kamen, desto ruhiger wurde es. 
Den Rest der Reise beschäftigten wir uns mit der Routenplanung für den Landtransport. In Frage kamen: 
 1. Die Brückenvariante, welche ich schon im Juli gefahren war
 2. Mit der Fähre über Greena/Anholt/Varberg

Einige Fragen stellten sich: 
- Passt der Trailer?
- Nimmt die Fähre Kielbootgespanne mit?
- Wie schwer ist das Boot tatsächlich? 
Denn mein Auto kann nur 2 Tonnen ziehen. Das Boot soll laut techn. Daten 1.5 t wiegen + 450 kg für den Trailer = sehr knappe 1.950 kg. 

In Kopenhagen hatten wir nur 15 min zum umsteigen. Das reichte nicht zum Ticketkauf am Schalter. Also rein in den Zug nach Hamburg. Ohne Platzreservierung! Wer das kennt weiß, wie wir uns fühlten. Man kommt sich vor wie illegal reisend. Nachdem wir einmal von unserem Platz von Platzreservierungsinhabern vertrieben worden waren, fanden wir weiter hinten im Zug Sitze, auf die kein anderer Reisender Anspruch erhob. Die Abfahrt verpätete sich dann aber doch um 45 min. Konnte es daran liegen, dass der Zug Eigentum der DB war? Irgendwann kam ein sehr sympathischer dänischer Schaffner und verkaufte uns günstigere Tickets als im Internet angegeben. Kleiner Trost in dieser Situation.
In Rødbyhavn fuhr der Zug auf die Fähre und wir mussten alle den ICE verlassen. Uns zog es auf Deck des Schiffes. Gespannt schauten wir auf den Fehmann-Belt. Es war kaum Seegang zu sehen. Der Wind an Deck resultierte vor Allem von der Fahrt der Fähre durchs Wasser. Wie gern hätten wir eine schäumende Ostsee gesehen. Klaus sprach es aus: "War es vielleicht doch zu voreilig, die Reise abzubrechen?" Ich schaute auf Windfinder und auf Anholt: 7-9 Bft aus SSO! Alles richtig gemacht, aber trotzdem Schei... . Wir hätten 5 Tage vorher fahren sollen. Hätten! 
In Oldenburg/Holstein verabschiedete ich mich von Klaus mit dem Versprechen, ihn über den weiteren Verlauf auf dem Laufenden zu halten. Da es von Oldenburg nach Kiel keine wirkliche öffentliche Verkehrsanbindung gab, holte mich meine Frau am Bahnhof ab. 8 Stunden nach Abfahrt in Varberg war ich wieder zuhause. Ohne Boot. Ohne richtigen Plan. Ich fühlte mich wie bei der Fußball-WM in der Vorrunde ausgeschieden. Zumindestens nehme ich an, dass man sich dann auch so fühlt. Um so mehr freute ich mich, meine Frau in den Arm zu nehmen. 

Freitag, 11. Dezember 2015

2. Etappe: Öckerö - Varberg

 Es war kurz nach 8 Uhr, als wir die Leinen loswarfen und der Vire 12 uns laut knatternd aus dem schönen Hafen schob. Man, war der Krach peinlich! Aber wir taten so, als wenn der ohrenbetäubende Lärm nichts Ungewöhnliches sei. Um so dankbarer war ich, als die Segel unseren Vortrieb übernahmen. Klaus ging es wahrscheinlich ebenso, aber wir haben nicht drüber gesprochen. Auffallend war, dass der Motor diesmal nicht wegen Spritmangel abstarb. 
Es war stark bewölkt, 4 Bft aus SO, später 5, in Schauern Regenböen um 6.
Denn man los! Raus aus den Schären und dann gen Süd-Süd-West, also hoch am Wind. Mal sehen, wie weit wir kommen!?
Als wir in den Danafjord einliefen, fuhr in einiger Entfernung die Stena-Line Fähre von Kiel kommend gerade Richtung Göteborg ostwärts an uns vorbei. Gestern um diese Zeit standen wir oben an Deck der Fähre und beobachteten ein Segelboot, welches ebenso wie wir heute auf Südkurs die Schären verließ. Ein Déjà-vu sozusagen!? 
Der Wind frischte auf und mit Dem bekam das Boot richtig fiel Lage. Als Jollensegler kommt jetzt reflektorisch der Gewichtstrimm auf der Sülkante und die Bereitschaft, bei noch mehr Lage die Schot zu fieren. Ich orientierete mich aber an Klaus, der sich ob der Kränkung scheinbar keine Sorgen machte. Ich bemerkte, dass es sich auch irgendwie anders anfühlte. Dies war ja auch der Grund, warum ich eigentlich ein Kielboot haben wollte. Genau wegen dieser Gelassenheit bei mind 30 Grad Schräglage. Mittlerweile standen wir auf der gegenüberliegenden Plichtwand, da Klaus es scheinbar wissen wollte. Dies war der Zeitpunkt, Klaus den Namen "Klaus Lage" zu geben. 😏
Wir merkten aber schnell, dass es Zeit wurde zu reffen. Ich rollte die Genua bis zur 1. Markierung ein. Im Groß waren 2 Reffreihen eingearbeitet, jedoch keine Reffleinen in die Kauschen geknotet. Im Nachhinein betrachtet hätten wir in das Groß trotzdem das 1. Reff binden sollen, wurde doch das Boot bei einfallenden Böen stark luvgierig. Wir haben es nicht gemacht. Wir sind trotzdem angekommen. So what!
Zwischendurch wurde das Wetter wieder richtig gut.
Um Höhe zu gewinnen und mehr Landabdeckung zu bekommen, folgten wir einer in der schwedischen Karte eingezeichnete Route zwischen 2 Schären hindurch Richtung SO - also gegenan - also mit KnatterVire. Es wurde nicht wirklich ruhiger in den Schären, da sich das Wetter verschlechterte. Die Wolkendecke wurde dichter und der Wind frischte merklich auf. 

https://youtu.be/8Om-QPTOiWI
In der Folgezeit suchten wir Fahrwassertonnen, verglichen Karte mit Handy-Navionics, ließen die skurile einsame Landschaft auf uns wirken, während das Boot unaufhaltsam gegen Wind und Welle anstampfte. Das gefällt mir. So könnte es laufen bis nach Schleswig. Die Zeit verging im Fluge. Nachmittags zog ein Regenband über uns hinweg und hatte noch mehr Wind für uns im Gepäck. Es hatte den Anschein, dass Rasmus verhindern wollte, dass die Comfort Schweden verlassen sollte.

https://youtu.be/IslqupsyGtg
Vor der Bucht von Kungsbacka mussten wir das erste mal auf den Backbordbug, um nicht zu weit von der Küste abzukommen. Die Hälfte der Strecke bis Varberg war geschafft und das Ziel auch schon vage in der Ferne als 2 hohe Bauten zu erkennen. Allerdings musste ich feststellen, dass das Vorluk das über Deck spülende Wasser nicht davon abhalten konnte, weitere Polster in der Kajüte nass zu machen. Nächster Eintrag in der To-Do-Liste: Dichtung für das Vorluk besorgen und einbauen.
Über 4 Stunden später hatten wir die Ansteuerungstonne von Varberg zusammen mit der Stena-Fähre Grenaa-Varberg erreicht und fuhren in ihrem Heckwasser endlich mal wieder auf Backbordbug liegend hinterher. Jetzt hatten wir halben Wind mit Welle von achtern. Was für ein Gefühl! Die langen Wellen hoben das Heck sanft an, beschleunigten das Boot, bevor wir im Wellental wieder abgebremst wurden. Fast wie Surfen mit der Jolle, nur unspektakulär und eher wie wiegen eines Kindes. Das war nach der langen Fahrt hoch am Wind und Hack von vorn eine Wonne. So könnte es morgen weiter gehen. 
Im Sund von Varberg angekommen entschied Klaus, den Stadthafen anzulaufen. Er hatte in einem Reisebericht von Digger-Hamburg mal gelesen, dass dies der bessere Hafen sei. Auf der Backbordseite war ein weiterer Sportboothafen auszumachen, welcher aber heute deutlich mehr Wind abbekam. Also Tuch bergen und Knatter-Vire an. Gott-Sei-Dank fährt Klaus auf Schleichfahrt in den Gästehafen ein. Wir finden eine nicht besetzte Box in der Nähe des Hafenbüros, wo uns ein sichtlich amüsierter Deutscher die Leine abnimmt. Beim festmachen erzählt er, dass er früher auch schon mal einen Vire-Motor hatte, aber er könne sich nicht dran erinnern, dass sein Motor so laut war. Er hat ja keine Ahnung...
  
Das dies unser letzter Schlag sein würde, ahnten wir an diesem Samstag Abend noch nicht.
Nachdem wir das Schiff aufgeklart hatten, entschieden wir, heute Abend nicht zu kochen und stattdessen  in der nahegelegenen Innenstadt essen zu gehen. Die lange Fahrt steckte uns ganz schön in den Knochen. Nach dem Essen und einem damit verbundenen kurzem Spaziergang fielen wir tod in die Kojen. Ich hatte aber die ganze Zeit dieses sanfte Gefühl von Wellen, die von achtern unter das Boot durchrollen. In der Nacht frischte der Wind noch mehr auf. Die hohe Kaimauer, welche zum an-Land-gehen noch  sehr unbequem war, schützte uns vor Diesem.
  
  

Boxenstop

In Öckerö angekommen gibt's erstmal ein Einlaufbier.

Dann pack ich die nassen Polster, welche unter den Fenstern lagen an Deck, damit sie von Sonne und Wind noch etwas Gewicht verlieren. Bei näherer Betrachtung der Fenster wird klar, warum wir dort keine trockenen Polster haben. Die Klebemasse ist porös und teilweise hart, die Fenster lassen sich von der Bordwand abziehen. Auf der ToDo-Liste kommt der Eintrag: Fenster neu einkleben. Damit aber nicht noch mehr Wasser bei Lage ins Boot strömt, dichten wir provisorisch die Fenster mit einer wohlweißlich mitgebrachten Kartusche Sikaflex ab. Das Provisorium wird durch den wackeligen Schwimmsteg und einer schwergängigen Kartuschenpresse besonders deutlich. "Nicht schön, aber selten". Hauptsache, dicht. Am nächsten Tag auf dem 2. Schlag sollte sich herausstellen, dass die Aktion wohl den Wasserstrom eindämpfte, nicht aber zu versiegen brachte.

 Anschließend gingen wir zum Supermarkt des Ortes, um Proviant zu bunkern, da es in Björlande Kile hierzu keine Möglichkeit gab. Abends zauberte Klaus uns in der Kombüse ein leckeres Essen.

Anschließend Lagebesprechung: Ich schlage vor, morgen nach Læsø rüber zu machen (ca. 30 SM Richtung SW).
Hierbei ist mir schon ein wenig mulmig, geht es doch dann raus auf die offene Ostsee. Bei angesagtem Südost von 4-5 schon nicht Ohne. Aber Klaus ist der Skipper. Er plädiert für Anholt, da man von dort besser rüber kommt nach Dänemark. Kurs: SSSSO! Also am Wind und ca. 65 Sm. Mir ist jetzt noch mulmiger. Aber Klaus weiß schon, was er macht. Nachdem ich die Nacht über kaum geschlafen habe, weil ich immer wieder über den bevorstehenden langen Schlag nachdenken musste, kam mir die Alternative in den Sinn, unter Landabdeckung die Westküste Schwedens runter zu segeln, um dann in den nächsten Tagen mit westlichem Kurs eine kürzere Distanz nach Anholt vor uns zu haben. Mir schwirrte auch immer der Ratschlag von Segelfreunden im Kopf rum, mit einem 26-Fuß-Boot nicht bei 5 Bft auf die offene Ostsee zu fahren. Das wäre zu gefährlich.

Klaus wurde wach und stellte fest, dass ich wohl ebensowenig Schlaf bekommen hätte wie er selbst. Weiterhin stellte Klaus fest, dass die Strecke unter den Bedingungen zu lang sei, zumal wir am Wind segeln müssten. Also schlug er vor, an der Westküste Schwedens runter zu segeln, und zwar nach Varberg. Von dort aus könnten wir Sonntag der Fährroute folgend nach Anholt weiter sEgeln. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Scheinbar hatte er liebe Gott uns Beiden den selben Gedanken geschickt. Ich holte die Karte raus. Varberg...50Sm! "OK" dachte ich. Wir sind ja nicht auf einem Kindergeburtstag. 50Sm hart am Wind, weil Kurs Süd! Denn mal los. Notfalls kann man überall an der Küste in einen Hafen abfallen. 

 

1. Etappe: Björlande Kile - Öckerö

Es geht los. Der Vire 12 (2-Takter) springt leicht an, geht aber nach ca. 15 Sekunden wieder aus. Ok, nochmal starten... wieder aus! 🙄 Also Tankbelüftung gecheckt, mit der Schlauchpumpe Kraftstoff nachgepumpt, starten, läuft. Einen Augenblick später droht der Motor wieder zu sterben. Ich pumpe schnell nach und der Motor läuft weiter. Ich pumpe noch ein paar Minuten weiter, dann läuft der Vire stabil, aber bei hoher Drehzahl sehr laut. Es knallt am Auspuff wie ein Maschinengewehr an der Rohrmündung. Eintrag in der ToDo-Liste: Schalldämpfer.

Leinen los! Was für ein Gefühl. Ca. 250 Sm bis Schleswig liegen vor unserem Bug. Bei geringer Bewölkung, 15 Grad und 3-4 aus SW verlassen wir den bisherigen Heimathafen der Comfort und fahren direkt in die Schären ein. Die Genua wird ausgerollt und der Motor (endlich) ausgemacht.

Stille.....

Ich liebe diesen Moment, weil der Kontrast zwischen motoren und segeln in diesem Augenblick am deutlichsten zu spüren ist. Dies ist der Grund, warum ich segle. Auf meiner ersten Segelreise auf einer alten 2-Mast-Bark von Flensburg aus nach Dänemark gingen mir die Armhaare hoch, als der Skipper in der Außenförde den Motor abstellte und das Boot in den Wind drehte. Als sich sodann die schweren Segel füllten und die Schoten spannten und sich das alte Schiff knarrend in Lage legte um schlussendlich Fahrt aufzunehmen. Nie werde ich diesen Augenblick und dieses Gefühl vergessen.

Mir tun dann immer alle Motorbootfahrer (ein wenig) leid, haben sie doch nicht das Privileg, diesen Augenblick zu erleben (es sei denn, der Motor fällt aus 😎).

 

 

Klaus geht kurz höher an den Wind, damit ich das Groß setzen kann und ab geht die Fahrt!

Ein beiläufiger Blick auf's Tablet reicht um zu erkennen, dass die Nacionics-App nicht plottet. Zum Glück habe ich die kostenlose Probeversion auch auf meinen Handy installiert und starte das Programm jetzt auch dort und zeiche sodann die Fahrt auf. Ich recherchiere später, dass mein iPad mit WLAN kein GPS hat. Danke Steve 👎🏼. Zusätzlich haben wir noch 2 schwedische Kartensätze von der gesamten Westküste Schwedens an Bord. Es zeigt sich schnell, was Klaus bereits angekündigt hatte: Auf der Karte sind die Schären alle eindeutig zu unterscheiden, jedoch in der Frontalansicht überlagern sich niedrige vorgelagerte Schären mit höheren Felsen von dahinterliegenden Inseln. Buchten sind schwer von Durchfahrten zu unterscheiden. Aber der Anblick der skurrilen Landschaft ist beeindruckend. Ganz anders als die Schlei. Faszinierend, aber nicht unbedingt schöner.

Öckerö ist schnell erreicht. Wir machen im Gästehafen in Sichtweite zu einer Armada von Wohnmobilen an einem Schwimmsteg fest. Boote liegen nicht mehr viele im Hafen. Die Saison ist hier schon zusende.

Erste Etappe geschafft.

  

Donnerstag, 10. Dezember 2015

Los geht's...

Ausfahrt aus der Kieler Förde

Am 10.09. geit dad los. Ich fahre mit dem NOB von Husum über Schleswig nach Kiel. In Schleswig führt das Gleis in Sichtweite am Wikinghafen vorbei. Hier soll die Reise enden. Es fühlt sich an, als wenn ich mich ab jetzt in einem riesigen Loop befinde.


In Kiel treffe ich mich auf dem Bahnsteig mit Klaus. Wir finden keinen Koffer-Kuli, also schleppen wir unsere Taschen den Weg bis zum Schweden-Kai. Am Terminal angekommen werden wir mit einer vollen Eingangshalle konfrontiert. Flüchtlinge, vor allem junge Männer und gewöhnliche Reisende stehen in langen Schlangen zusammen vor den Schaltern. Der junge Mann vor mir mit arabischem Anschein spricht kein Deutsch. Es gelingt ihm jedoch schnell, dem Mitarbeiter am Schalter klar zu machen, dass er eine Außenkabine mit Dinner und Frühstücksbüffet buchen möchte. Anstelle eines Ausweises reicht eine einfache Unterschrift und die Kreditkarte. 

Ich checke für Klaus und mich ein. Weiter geht’s zur Sicherheitskontrolle. ”Haben Sie was zu verzollen oder gefährliche Gegenstände dabei?”. Ich antworte, dass ich nichts zu verzollen habe, frage aber nach, wie er gefährliche Gegenstände definieren würde. “Z.B. Messer oder Munition”. Als ich beides bejahte, wurde mein Gegenüber nervös. Die Frage nach dem “Warum” beantwortete ich mit dem Segeltörn, wo man Signalmunition und Messer brauchen würde. Er erklärte mir, dass alle aufgrund der Flüchtlingssituation etwas überfordert seien, er auch eigentlich für Sicherheitskontrollen nicht zuständig sei und jetzt erstmal nachfragen müsse, was jetzt zu tun sei. Letztendlich wurden die Gegenstände gesondert aufbewahrt und mir in Göteborg beim auschecken wieder ausgehändigt.
Die Überfahrt verlief ohne reibungslos, der Sonnenaufgang morgens um 6 Uhr auf See war traumhaft schön.
Im Osten über Dänemark geht die Sonne auf

Ankunft in Göteborg

Nach dem auschecken stellte sich zunächst die Suche nach einem Taxi nach Björlande Kile zunächst als schwierig heraus. Dem Anschein nach benötigen Fährreisende selten ein Taxi. Ein Kioskbesitzer rief uns letztendlich 
ein Taxi und so errichten wir schon 15 Minuten später den Sportboothafen. 
Wir verstauten unsere Ausrüstung, besorgten Toilette, Benzin und eine Sicherheitslaufleine als Ersatz für die fehlende Reeling. Diese spannten wir von den vorderen zu den hintern Klampen.
Wer Klaus kennt weiß, dass die Riggspannung ihm sehr am Herzen liegt. Auf sein Begehren drehte ich an den Wantenspannern bis Klaus einigermaßen zufrieden war. Ich befürchtete schon, dass vorher noch die Püttingeisen aus dem 39 Jahre altem Laminat reißen würden. 

Als alles fertig ist, übergebe ich Klaus das Kommando und die Reise  geht los …

sail or trail

Schon kurz nach dem "Kauf" des Bootes beschäftigte mich die Frage, wie ich die Comfort nach Hause bekomme. Natürlich favorisierte ich von Beginn an die Segel-Variante. Da ich aber bisher nur Jolle auf der Eider und Schlei gesegelt bin, würde ich so einen Törn nicht allein/selbst durchführen können. Alternativ käme auch ein Landtransport in Frage.

Für einen Landtransport benötigt man einen ausreichend dimensionierten Trailer und Zugfahrzeug. Das Boot ist mit 1,5t angegeben. In Foren habe ich gelernt, dass man ca 25% drauf rechnen sollte. Ich rechne 1/3 drauf und komme auf ca. 2t. Damit scheidet unser Espace (max. 2t Anhängelast) aus, da der Trailer ca. 500kg wiegt. Trailer mit hohen Stützen sind zudem scheinbar  Mangelware. Trailer leihen ab 500€/Tag. Nachfrage bei einem Yachtspediteur: 2.000€ als Ladung bei Leerfahrt! Alles too much!

Also segeln. Ein Skipper muss her. Inserate in HandgegenKoje und Segeln-Forum ergeben  erstaunlicherweise einige Kontakte. Ich entscheide mich für Klaus, da ich im Forum schon einiges von ihm gelesen hatte und mir deshalb "nach den Kragen ist". Im Gespräch erfahre ich, dass er eine Ohlson 8.8 fährt. Inspiriert zum Kauf des Bootes wurde er durch Sönke Roever's Buch "Auszeit unter Segeln". Dieses Buch hat mich auch fasziniert, ebenso die Beschreibung der Ohlson in Diesem. Die Verbindung war also geknüpft. Eis brauchte nicht tauen. Ich besuchte Klaus und Karola auf ihrer Kopelli in Arnis zum Kennenlernen. Für mich war es aber schon vorher klar: Mit Klaus als Skipper kann es losgehen. 

Warum Klaus bei mir den Namen "Klaus Lage" wegbekommen hat, erklär ich später.

Packlisten wurden geschrieben, verglichen und ergänzt, fehlende Ausrüstung gekauft und bei SeaSea bestellt (Portapotti wollte ich nicht auf der Hinreise mitschleppen), Seesack gepackt, Tickets für die Stena-Line von Kiel nach Göteborg gekauft, Urlaub eingetragen und gehofft, dass es Mitte September einen schönen Altweibersommer gibt. Ich habe mir 10 Tage frei genommen. Wenn wir bis dahin nicht in Schleswig sind, muss der Rest an Wochenenden gefahren werden.


Am Tag vor der Abfahrt habe ich in Hannover zu tun. Bei der Gelegenheit besichtige ich einen 3t-Trailer, der mir vor 8 Wochen schon bei eBay-Kleinanzeigen aufgefallen war. Trailer war ok, aus dem inserierten Festpreis wurde Verhandlungsbasis, nach kurzem Handel wurden wir uns einig und so konnte ich den Trailer auf der Rückfahrt gleich mit nach Hause nehmen. Gekauft habe ich den Trailer, um das Boot diesen Winter wohnortnah zum Refit unterstellen zu können und als Option, falls was schiefgeht beim Törn... 

Auf zu den Elchen



 Ende Juli war es soweit: Wir (meine Frau, der Hund und ich) machten uns auf den Weg nach Björlande Kile bei Göteborg. Es soll der größte Yachthafen Nordeuropas sein (diese Aussage habe ich nicht überprüft).

Wir nahmen die Route über Kopenhagen, also über die Brücken des kleinen und großen Belts. Anstelle der Öresundbrücke sind wir mit der Fähre Helingør – Helingsborg gefahren, um während der kurzen Fahrpause an Bord einen dänischen Hot-Dog zu genießen.


Abends angekommen haben wir zunächst die Vorbesitzerin des Bootes besucht, um uns die Schlüssel und Hafeninformationen zu holen.
Die Fahrt raus zum Hafen dauerte dann nur noch 15 min. Nun sollte sich zeigen, was für eine Perle oder aber Ruine ich mir zugelegt hatte.  Steg E Box 56 sollte es liegen….aber die Box ist leer! Geklaut? Doppelt verkauft? Gesunken?
Ich schau nochmal im Kaufvertrag nach. Da steht: E / 66! Puuh, es keimt wieder Hoffnung. Mein Gott, was bin ich nervös! Einige Meter weiter entdecke ich sie auch schon:


Als erstes fällt mir noch auf dem Steg stehend der GFK-Schaden bei der Roll-Anlage auf. Folgedessen dämpft sich meine Erwartung für das Boot gleich erheblich.
Ich lasse mir aber nichts anmerken, habe aber sofort wieder das Bild von einer Bilgenabdeckung vor Augen, die im knöcheltiefen Wasser über dem Kajütboden dümpelt. Dieses Bild verfolgt mich seit Wochen. Was soll man bei dem Preis anderes erwarten?
Dann kam es aber anders. Das Deck ist trittfest, die Plicht sauber u trocken, Schlüssel passt, Kajüte trocken. Puuh. 
Auf den Polstern liegen allerhand Sachen, die ich nach und nach unter die Lupe nehmen will. Erstmal meine Frau an Bord holen u den Moment wirken lassen: Mein Boot! Glück gehabt! Geschafft!
Nachdem ich das Boot in der Box gedreht habe, kann auch unser Hund vom Steg über die Plicht an Bord kommen u ich fange an, mir das Boot näher anzuschauen.
Ich breche die Untersuchung aber bald wieder ab, damit wir in Göteborg noch was essen können. Denn im Hafen selber gibt es  nichts zu essen. Keine Sozialräume für Gäste, keine Einkaufsmöglichkeiten, keine Menschen. Später erfahre ich, das der Hafen ausschließlich von Eignern genutzt wird und kein Gästehafen besitzt. Dafür gibt es eine Filiale von SeaSea. Später liegen wir zusammen im Vorschiff. Silke u Quain schlafen sofort ein. Ich bekomm kein Auge zu. Der Wetterbericht sagt ab morgen Mittag Daueregen an. Also muss ich die Segel vorher checken. Ob der Motor läuft? Stehendes u laufendes Gut muß ich mir auch anschauen. Was ist in der Backskiste? Usw, usw.


Um 4:30 Uhr begleite ich Silke zum Klo. Da es schon hell ist, fange ich anschließend gleich mit der Inspektion des Schiffes an. 
Ich finde in jedem Stauraum Ausrüstung, inspiziere und teste Motor, Kombüse, Batterie, Rollanlage, tauche unters Boot…
   
Mittags beginnt es pünktlich an zu regnen und auch der Wind frischt auf. Einige Boote kommen rein mit nassen Segeln. Es ist grau und trübe. Kein Wetter für eine Probefahrt. Da ich alles gesehen habe und der Hafen nichts bietet  beschließen wir, alles ins Auto einzuladen, was man nicht zum segeln braucht und noch einen Ersatzmotor bei der Voreignerin abzuholen, um dann wieder nach Hause zu fahren.

Mit dem voll beladenen Auto fahren wir der gleichen Route folgend zurück. So müssen sich die Wikinger auf der Heimreise von ihren Raubzügen gefühlt haben… Mit dem Boot voller Schätze.

Übrigens: Elche haben wir keine gesehen… leider!

Warum ein Kielboot, warum mit Kajüte?

Ein Kielboot ist zwar langsamer und weniger agil als eine Jolle, jedoch mehr Ruhe beim segeln, mal ne Hand frei haben und bei Lage nicht gleich in Aktionismus zu verfallen sind Argumente, die bei mir ziehen.
Ein Bekannter hat bereits ein Jahr zuvor von der Lis auf die Monas vom Konstrukteur Helmut Stöberl gewechselt und ist sehr zufrieden. Die Monas gefiel mir auch von Anfang an sehr, da sie konsequent auf Einhandsegeln ausgerichtet worden ist und zudem sehr elegant aussieht. Aber auch weitere Bootskonstruktionen von Stöberl wie Dias oder Fighter/Twin sind attraktiv.
In Gesprächen mit Freunden wurde ich überzeugt, anstelle eines offenes Kielbootes ein geschlossenes zu nehmen.
Kann man doch die Familie mitnehmen und auch die nahegelegene Ostsee befahren.

So kam ich auf die Comfort 26.

Es geschah an einem Donnerstag

... als bei blocket.se eine Comfort 26 angeboten wurde. Ein 26-Fuß-Boot. ähnlich wie ein H-Boot für 2T€!!!! Aber weit weg in Göteborg.
Ich zeigte die Anzeige Jörn, der mir den Floh von einem Boot mit Kajüte ins Ohr gesetzt hat. Denn eigentlich wollte ich mir ein offenes Kielboot wie die Monas oder Dias kaufen. Er meinte, dass ich sofort hochfahren müsste, da dieses Schnäppchen wahrscheinlich spätestens am Wochenende den Besitzer wechseln würde. Da ich aber berufsbedingt nicht so schnell mal 700km zur Bootsschau fahren kann, habe ich verneint und mich damit getröstet, dass es solche Angebote bestimmt noch öfter geben werde.
Freitag schrieb mir Jörn, dass  sein Gschäftsfreund in Göteborg die C26 für mich gekauft habe, da es wahrhaftig ein Schnäpchen sei!!!

So begann mein Abenteuer “Comfort 26”!